Lesebuch von Otto Wilhelm
Lesebuch von Hülzweiler
Geschichte(n) und Landschaft
von Otto Wilhelm & Co-Autoren
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Kirw 1937
Die Kirmes 1937
A. Altmaier — 1937
Am Sonntag nach Laurentius ist die Kirmes in Hülzweiler. Das Korn ist bereits unter Dach und Fach, oft auch schon der Hafer. Und nun kommt das höchste Fest in Hülzweiler. Schon acht Tage vorher kommt das große Putzen in den Häusern, und manche Frau wird zum Putzteufel. Der Mann hackt das Brennholz, damit die Frauen den Kuchen im großen Backofen backen können. Er bringt Stall und Haus in Ordnung, damit jeder sehen kann: Jetzt ist die Kirmes in Sicht. Der schlimmste Tag ist der Freitag. Da sind die Frauen aufgeregt und zuweilen recht kratzbürstig, und die Kinder sind "im Weg". Sie werden auch zu allerlei Handreichungen befohlen. Das ist manchmal gar nicht so einfach, denn wenn am Donnerstag vor der Kirmes die ersten "Kommeedeswään" anrollen, gibt es für die Buben kein Halten mehr. Man will dabei sein, wenn die Karusselle aufgestellt werden. Am Samstag ist es dann soweit. Die Vereine machen die Leiterwagen fertig. Sie werden mit "Maiien" (Baumzweigen) ausgeschlagen, und ein Fass Bier wird aufgeladen. Die Wagen stellen sich am Ensdorfer Wald anf‚ und dann geht es zu den Klängen einer Blaskapelle in das Dorf, wo alles an den Straßenseiten die Kirmes erwartet. Die Burschen auf den Wagen singen und rufen: "Wem is' de Kirw ?", und das Volk antwortet: "Uusl". Gesang und Musik geht es dann in die Vereinslokale, wo tüchtig gefeiert wird. Man singt öffers das alte
Kirwenlied:
"Wenn Kirw is, wenn Kirw ist,
wenn Kirw is
dann schlacht mein Pappen en Buck,
dann dazt mein Mammen, dann danzt mein Mammen,
dann flättat ihr Rock".
Fünf Tage wird in Hülzweiler gefeiert. Am Sonntag ist ein festliches Hochamt in der Pfarrkirche, und nach dem Amt beginnt schon auf dem "Määakt" das Kirmestreiben. Die Kinder bekommen von den Eltern, den Großeltern und manchmal auch von Pad und Good ihr “Kirwengeld"‚ in den Familien finden sich ot Kirmesgäste ein, Verwandte oder Freunde aus den umliegenden Orten. Nachmittag geht dann alles über den Kirmesrummel, der sich bei uns ja von der Hauptstraße, vom "Grießerburren" bis an die Gastwirtschat Schwinn abspielt. Die ganze Hauptstraße ist ein buntes Treiben und die vielen Karusselle, Schießbuden, Spielwarenstände, Rostwurst- und Zuckerbnden locken die Kinder an.
Am Kirmesmontag findet der Viehmarkt statt, wo man auch die Marktschreier und den "billigen Jakob" bewundern kann Nicht nur für die Erwachsenen sondern auch für die Kinder ist es ein besonderer Tag. In den Gastwinschaften feiern die Vereine ihren Frühschoppen, und manch braver Mann vergisst sein Mittagessen.
Am Mittwoch wird die Kirmes beerdigt. Von der Gastwirtschaft "Strauß Matz" setzt sich ein Tranemarsch in Bewegung. Alle Männer sind in Schwarz, tragen Schinkenknochen und Welke Blumensträuße mit, und man hört lautes Wehklagen. Am Ensdorfer Wald, dort wo man die Kirmes abgeholt hat, wird eine Flasche Schnaps vergraben Sie soll im nächsten Jahr wieder ausgegraben werden. (Man sagt. aber, dass schon am selben Abend die Flasche leer gemacht wurde.) Dann geht es mit einem schneidigen Marsch zurück ins Dorf, wo tüchtig weiter gefeiert wird. Die ganze Prozedur wird von der gesamten Dorfjugend begleitet, und man freut sich schon auf nächstes Jahr.
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Kirw 2002
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Brauchtum
Das Brauchtum in Hülzweiler von Anton Altmaier
Der Leser wird, wenn von Brauchtum geschrieben wird, immer an die kleinen, abseits gelegenen Dörfchen denken‚ in denen sich zu bestimmten Zeiten Vorgänge und Handlungen abspielten, die den Städtern fremd geworden sind. In der Tat haben sich in unseren Dörfern manche Sitten und Bräuche erhalten, über die der Städter und Industriemensch lächelt und vielleicht als Unsinn abtut.
Andere hingegen freuen sich über diese Dinge, hinter denen sie den Hauch der Vergangenheit der Bauerngeschlechter spüren, denen sie entstammen, wenn sie auch nicht mehr mit der Scholle verbunden sind.
Den Landbewohnern sind ihre Bräuche keine hohlen Phrasen sondern sind ihm ein ewiges Vermächtnis. Brauchtum ist für ihn ein Erbe, in dem die Väter wieder Gestalt annehmen und die Vergangenheit lebendig wird.
Die meisten Bewohner von Hülzweiler sind Bergmannsbauem, die ein einfaches Leben führen. Die Familie begegnet sich in Achtung und Liebe. Im Mittelpunkt steht der Vater, ihn begleitet die ganze Liebe der Kinder und die Sorge der Mutter, wenn er zu Schicht geht. Stets achtet die Frau darauf, dass er sein “Schichtenbrot” bei sich hat. Der Vater bekreuzigt sich mit “Weihwasser”, wenn er das Haus verlässt. Man freut sich, wenn er gesund von der Grube oder der Hütte zurück kommt, und die Kleinen hoffen auf ein Stück des begehrten “Hasenbrotes”, einem Rest vom “Schichtenbrot” des Vaters. Nur wer selbst einmal “Hasenbrot” gegessen hat, weiß wie gut es mundet.
Betrachten wir die Familienereignisse etwas näher.
Als freudiges Ereignis steht die Geburt eines neuen Erdenbürgers in ihrem Mittelpunkt. Man versucht bald eine Ähnlichkeit mit dem Vater oder der Mutter herzustellen. Der ist "gehauzt un gespautzt" sein "Pappen" oder sein “Mammen" sagte man oft. Die Nachbarinnen statteten der "Kindbettasch" (Wöchnerin) ihren Besuch ab, oft um den Vorwitz zu befriedigen. Am Sonntag nach der Geburt findet nach Möglichkeit die Taufe statt. "Patt und Good“ stehen dann als Hauptpersonen im Minelpunkt. Bei der Auswahl der Paten ist man sehr wählerisch. Die Eigenschaften der Paten könnten sich auf das Kind übertragen.
So sträubt man sich heftig, z.B. einen Trinker als Paten für einen Buben zu nehmen. Von der Sitte, unter allen Umständen dem Täufling den Namen des Paten zu geben, ist man die letzten Jahre abgekommen. Wer zum ersten Mal Pate wird, muss sich gefallen lassen, mit dem "Strohwisch" abgerieben zu werden.
Früher gaben auch junge Burschen vom Schützenberg Böllerschüsse ab, wenn das Kind zur Taufe getragen wurde. Ihnen wurde zum Dank hinterher Bier gezahlt. Wenn die Taufe vollzogen war, wurden Patt und Good vor der Kirche von einer großen Schar Kinder empfangen und mussten "Zuckerkäären" ausstreuen, anderenfalls wurden sie "Strohpatt" und "Strohgood" gehänselt.
Ab dem ersten Lebensjahr bringen nun Patt und Good dem Kind an Neujahr und an Ostern ein Geschenk. Beide Paten werden in der Familie hoch geachtet, und für die Paten und Patinnen besteht ein lebenslanges inniges Verhältnis zum Kind.
Die Paten werden später zu allen Festen des Patenkindes eingeladen. Am "Naatmoolstag" (Tag der Erstkommunion) schenken die Paten den Kindern etwas Besonderes, an das sie sich ein Leben lang erinnern sollen. Oft gab es, wenn Patt und Good "sich gut standen", schon mal eine Uhr als Geschenk. Auch später, wenn die Paten noch lebten, wurden sie zur Hochzeit eingeladen und hatten an der Hochzeitstafel einen Ehrenplatz.
Bei Begräbnissen kam es oft vor, dass die Sargträger nur aus den Patenkindern ausgewählt wurden, denn es war keine Seltenheit, dass es Männer und Frauen gab, die l0 mal oder noch öfter in ihrem Leben Paten gewesen sind.
Umgeben von der Liebe der Mutter wächst das Kind auf in der Familie. Vielleicht ist es gerade diese Liebe, die so viel Aberglaube hat kommen lassen, der sich um das Kind spinnt.
Oft war man ängstlich, wenn eine alte Frau, die man nicht näher kannte, sich dem Kind näherte. War es die Hexe? Auch das weit verbreitete "Brauchen und Benschen" wurde oft ausgeübt, wenn das Kind einmal krank war und man nicht genau wusste, was ihm fehlt. Dann gingen viele zu der Frau, die "brauchen" oder "benschen" konnte.
"Brauchen oder Bensehen" nannte man das "Gesundbeten“, das von Frauen, seltener von Männern, ausgeübt wurde. Man brachte das Kind zu dieser Person, und diese betete bestimmte Verse und berührte das Kind mit der Hand. Von der Kirche wurde dies nicht gerne gesehen, aber es gab auch Geistliche, die dieses praktizierten.
Anmerkung van Otto Wilhelm:
"herrschen" : laut Karl Conrath in Wfarelfränkisches Wörterbuch" = "beten, segnen" - vom lateinischen "benedicere"
"brauchen ".: "gesundbeten ".
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Der Herbst
Marga Schmitt-Flesch
Wir kennen einen Maler,
der malt so wunderbar,
Seine Bilder kosten keinen Taler,
er verschenkt sie jedes Jahr.
Und an den Farben, die er hat,
sieht man sich sicher niemals satt,
Rot, braun, orange, grün und gelb,
so bunt bemalt er unsere Welt.
Ach, wäre man auf einem Stern,
dann sähe man es aus der Fern,
wie Blatt für Blatt er trefflich malt.
Die Welt viel bunter nun erstrahlt.
Oh, liebster Meister, male,
so wie Du es doch immer machst.
Auf Bergen und im tiefen Tale
in uns ein großes Glück entfachst.
Die wunderschönen Bilder,
die ER nur kann gestalten.
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Die Bergmannskuh
Von jeher stand die Ziegenzucht in Hülzweiler in hoher Blüte. Die Ziege wird als “Bergmannskuh” bezeichnet. Die Züchter in Hülzweiler stehen mit an erster Stelle in ganz Deutschland, und sie erringen auf den nationalen und internationalen Ausstellungen immer wieder Erste Preise und Siegerpreise mit der Zucht der weißen Edelziege, Ganz berühmt sind die Erfolge in der Zucht mit den Jungböcken, die die Züchter aus Hülzweiler in ganz Deutschland bekannt gemacht haben.
Die Züchter aus Hülzweiler sind meist “kleine Leute”, meist Bergleute und Arbeiter, die in ihrem Nebenerwerb in der Landwirtschaft arbeiten. Für Kühe reicht das Feld nicht aus, und so haben sie sich einige “Geißen” angeschalft, die ihnen zu einem guten Zubrot gereichen. Sie liefern fiir den Haushalt Milch, Butter und Käse, und sie sind im Haushalt ein fest einkalkulierter Posten. Die Ziegen waren aber nicht immer gerne gesehen:
Im Mittelalter betrachteten die Grundherren sie als Schädlinge. da sie dem Großvieh Futterkonkurrenten waren. So gab es im Jahre 1724 eine Verordnung über die Zahl der “Geißen”, die gehalten werden durften. In der Grafschaft Nassau-Saarbrücken waren die Ziegen grundsätzlich verboten. Erst durch eine Erlaubnis vom 2. Oktober 1773 gestattete der Fürst Ludwig das Halten der Ziegen für besonders bedürftige Familien.
In der heutigen Zeit ist die Ziegenhaltung von der Obrigkeit gerne gesehen, denn sie ist eine sinnvolle Beschäftigung in der Freizeit des Einzelnen und dient der Allgemeinheit.
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Hülzweiler und seine "Linie 4" die Straßenbahn
Teil 1
von Otto Wilhelm
Im Jahr 2010, am 29.3. jährte es sich, dass vor 50 Jahren die letzte Fahrt der Straßenbahn "Linie 4" stattfand. Fast 33 Jahre bestimmte die "Elektrisch" wie die Bahn genannt wurde den Verkehr in Hülzweiler u. auch das Straßenbild. Die Straßenbahn war die größte technische Einrichtung im Ort nach ihrer Inbetriebnahme am 13. August 1927. Die Investition zur Verbesserung der Verkehrslage war eine segensreiche Tat und wurde von der Bevölkerung sofort angenommen. Ein Rückblick in diese bedeutende Zeit des Ortes lohnt sich also. - Bis zum Jahre 1927 waren die Verkehrsanbindungen für Hülzweiler wenig attraktiv. Man gehörte zur Bürgermeisterei Fraulautern und musste für jede standesamtliche Eintragung zu Fuß den Weg machen. Erst unter dem rührigen Ortsvorsteher Matthias Rupp (1920 - 1929) wurde ab dem 1.4.1925 ein Standesamt in Hülzweiler eingerichtet. Der Weg nach Ensdorf durch den Wald war in einem schlechten Zustand und wurde für den Einkauf in Saarlouis kaum genutzt. Die Verbindung nach den Nachbardörfern Saarwellingen und Schwarzenholz war nur durch einen langen Fußmarsch zu bewältigen. Alle Bergleute und Hüttenarbeiter hatten jeden Tag eine lange Wegstrecke vor sich.
Im Jahre 1897 hatte die Stadt Saarlouis mit dem Bau von Kleinbahnen begonnen, ein erster Fortschritt. Für den Kreis Saarlouis errichtete nun die Eisenbahnbau Becker-Berlin elektrische Straßenbahnlinien, die im Jahre 1913(!) eröffnet wurden. So gingen ab d. 18. Oktober 1913 fünf Strecken in Betrieb:
a. Staatsbahnhof - DIllingen- Nalbach
b. Saarlouis.Ensdorf-Schwalbach
c. Fraulautern-Saarwellingen
d. Fraulautern-Ensdorf-Bous
e. Lisdorf-Wadgassen
Im Jahre 1914 umfasste das Straßenbahnnetz 37 km. Es waren in Betrieb: 28 Triebwagen, ein Beiwagen und 2 Packwagen. Im Jahre 1918 wurde das Streckennetz erweitert und es wurde auf 8 Linien gefahren, die mit den Nummern 1-8 bezeichnet wurden. Unsere Nachbardörfer Schwalbach, Ensdorf und Saarwellingen hatten nun einen direkten Anschluss an die Kreisstadt und konnten auch durch gezieltes Umsteigen ihre Nachbarn erreichen.
Nur unser Hülzweiler war noch verkehrstechnisch auf dem alten Stand geblieben.
Seit 1920 war Matthias Rupp nun Ortsvorsteher und sein Verdienst ist es, dass er mit Energie daran arbeitete Hülzweiler in eine "neue Zeit" zu bringen. Mit Unterstützung aller Mitglieder des Gemeinderates gelang es ihm, wie schon erwähnt, einen Standesamtbezirk zu etablieren, er bekam die Genehmigung zur Errichtung eines Wochenmarktes, und nun versuchte er mit ganzer Kraft Hülzweiler eine Anbindung an das Straßenbahnnetz zu verschaffen. Ein Bescheid der Kreisbahn AG. vom 12.06.1923 dämpfte jedoch die Hoffnung auf einen Anschluss.
Ortsvorsteher Matthias Rupp resignierte aber nicht und bemühte sich unermüdlich weiter. Über den erfolgreichen Abschluss seiner Bemühungen 1927 berichte ich in der nächsten Ausgabe. (Mit Bildern)
Endstation Hülzweiler Linie 4 - Gleisanlage mit Wendeschleife,
Hülzweiler am 9.8.1959 Kirmes der Tw 12 setzt um:
Veröffentlicht im Gemeindeboten Schwalbach: 20.11.2009 : 47/09 (jedoch mit anderem Bild)
Hülzweiler und seine "Linie 4" die Straßenbahn
Teil 2
von Otto Wilhelm
Wie ging es nun weiter mit den Bemühungen, Hülzweiler einen Anschluss an das Straßenbahnnetz zu ermöglichen? Der schon genannte Ortsvorsteher Mathias Rupp hatte sich seit seinem Amtsantritt 1920 bemüht, Hülzweiler verkehrstechnisch zu verbessern. Die zuständigen Stellen in Saarlouis glaubten jedoch nicht an eine ausreichende "Rentabilität" einer Straßenbahnlinie nach Hülzweiler. Doch immer wieder versuchte O.V. Rupp durch Eingaben und auch persönliche Vorstellungen, diese vom Gegenteil zu überzeugen. Eine Eingabe vom 23.03.1925 kann als gravierendes Beispiel gelten (siehe Anlage). Letztendlich schaffte Rupp den Durchbruch und erhielt einen positiven Bescheid, und im Jahre 1926 wurde mit dem Ausbau der Nebenstrecke von Fraulautern aus nach Hülzweiler begonnen. An der Haltestelle Ulanenstraße wurde eine Weichenstelle installiert für den Abzweig nach Hülzweiler, die ''von Hand" bedient werden musste. Rechtzeitig zur Hülzweiler Kirmes fuhr die erste "Elektrisch" am 13. August 1927 in Hülzweiler ein (siehe Bild). Eine große Anzahl von Menschen begrüßte das Eintreffen der Bahn mit Triebwagen und Anhänger.
Die Linie 4, die bis jetzt durch Ensdorf fuhr, jetzt durch bis Bous, wurde zur Linie 6, und Hülzweiler wurde als "Linie 4" eingeführt. Die Streckenführung war wie folgt: Saarlouis Kleiner Markt, großer Markt, Bahnhof, Badeanstalt Frlt., Wirtstraße, Ulanenstraße, mit Weiche, Goldner Stiefel, Sand, Sandberg, Neue Welt, Endstation a.d. Kirche mit Wendeschleife. Die Stellen Badeanstalt Frlt. Sand und Sandberg waren nur Zahlstellen, keine normalen Haltestellen.
(Die Strecke Sls - Ensdorf - Bous wurde Linie 6.)
Zwischen Fraulautern und Hülzweiler befuhr die Bahn eine Schotteraufschüttung neben der Straße bis zum Ortseingang von Hülzweiler. Dann verlief die Linie auf der linken Spur direkt auf der Straße durch das Dorf bis zur Endstation. Es war verkehrstechnisch eine riskante Angelegenheit, an die man sich Hülzweiler erst einmal gewöhnen mußte. Bei dem heutigen Verkehrsaufkommen eine unmögliche Situation.
Die vielfach vertretene Befürchtung, die Bahn würde sich nicht rentieren, erwies sich als falsch. Die Linie 4 zeigte sich positiv für Hülzweiler, wurde von der Bevölkerung in hohem Maße genutzt, und auch die Nachbarn as Schwarzenholz profitierten davon.
(Im nächsten Bericht werden u.a. Personen aus Hülzweiler vorgestellt, die Anstellung bei der Bahn fanden. Die erste P. war eine Frau, die bereits 1914 Schaffnerin der Linie nach Wallerfangen war (Bildanhang).
Hülzweiler, den 23.3.25.
Ergebenst zurückgesandt.
Der gewöhnliche Verkehr dürfte täglich ungefähr 80-100 Personen betragen. Außerdem arbeiten in Fraulautern und Dillingerhütte ungefähr 100 Personen. Es kommen noch in den Mittagsstunden die Essensträger in Frage, ungefähr 40 Personen. In kurzer Zeit dürfte Schacht Duhamel in vollständigen Betrieb kommen, sodaß ungefähr 4-500 jeden Tag nach dort müssen. Auch ist damit zu rechnen, daß Leute von Schwarzenholz über Hülzweiler nach Saarlouis fahren würden. Auch ist zu erwarten, daß d. Bahn viel benutzt werden könnte für Transport u. sonstige Materialien. Da ich d. Woche Frühschicht habe, bitte ich zu entschuldigen, daß ich persönlich d. Bericht nicht abgeben konnte. - Rupp - 13. August 1927. Erste Fahrt "Linie 4" Ankunft in Hülzweiler
Veröffentlicht im Gemeindeboten Schwalbach: 27.11.2009 : 48/09
Hülzweiler und seine "Linie 4" die Straßenbahn
Teil 3
von Otto Wilhelm
Die Straßenbahn fuhr nun durch unser Dorf. Sie brachte nicht nur gravierende Veränderungen im Straßenbild, wie kaum ein Ereignis zuvor, sondern auch im Lebensbereich der Bevölkerung. Man hatte nun eine direkte Anbindung an die Kreisstadt, welche vielen ermöglichte neue Arbeitsplätze zu bekommen. Junge Frauen fanden Arbeit als Verkäuferinnen in Saarlouis oder als Arbeiterinnen in den Fabriken von Fraulautern. Die Linie von Fraulautern nach Dillingen war natürlich auch sehr wichtig wegen der Arbeitsplätze auf der Hütte, ersparte lange Fußwege. Einige Männer aus Hülzweiler bewarben sich bald auch bei der "Bahn" selber und wurden eingestellt, erhielten einen Arbeitsplatz auf Lebzeiten. - Die Einrichtung Bahn erwies sich bald als wirtschaftlich und wurde teilweise auch von den Nachbarn aus Schwarzenholz angenommen. Die Zahl der Jugendlichen, die eine höhere Schule in Saarlouis besuchen wollten stieg an, auch die Jugend aus dem schon genannten Nachbarsdorf provitierte davon. - Einzig der Fahrpreis machte manchem Bürger noch Sorgen, es musste bar bezahlt werden und Geld war immer noch knapp.
So machten viele Leute aus Hülzweiler von der Möglichkeit Gebrauch, an der Haltestelle "Wirtstraße" auszusteigen um den Rest des Weges in die Stadt zu Fuß zu machen.
In den ersten Jahren wurde noch die Fähre über die Saar benutzt. (Nur die Kinder vor dem schulpflichtigen Alter waren vom Fahrgeld befreit) - Nach einer Zeit der Probe und Eingewöhnung fuhr die "Linie 4" bald im Stundentakt von den frühen Morgenstunden an, bis in den späten Abend. (Viele Bahnlinien unterbrachen ihre Fahrt nur von 2.30 Uhr bis 3.40 Uhr.)
Als der zweite Weltkrieg 1939 begann, lag der Kreis Saarlouis im Frontgebiet und wurde von der Zivilbevölkerung evakuiert. Monatelang ruhte der gesamte Straßenbahnverkehr, bis im Sommer 1940 die Bewohner wieder in ihre Heimatorte zurückkehren konnten. Auch im Jahre 1945, am Ende des Krieges wiederholte sich dieser Zustand.
Trotz erheblicher Zerstörungen durch Luftangriffe und Kampfhandlungen beim Einmarsch der Amerikaner, wurde bald das gesamte Netz wieder aufgebaut. Nur die Strecke Saarlouis-Lisdorf-Ensdorf, wurde nicht mehr repariert, sondern stillgelegt.
Bald lief alles wieder "normal" und so verkehrte unsere "Linie 4" viele Jahre zwischen Saarlouis und Hülzweiler, bis sie letztendlich der "modernen Zeit" weichen musste und im Jahre 1960 stillgelegt wurde. Über die "letzte Fahrt" der "Linie 4" berichte ich im Anschluss.
Maria Kirsch geb. 22.07.1892 in Hülzweiler, Linnstraße
erste Schaffnerin 1915(!) - Linie Wallerfangen
Triebwagenführer Josef Hesidenz mit Schaffnerin Maria Lessel geb. Rupp in den Kriegsjahren, Hülzweiler
Josef Hesidenz, Hülzweiler - langjähriger Triebwagenfahrer
Veröffentlicht im Gemeindeboten Schwalbach: 11.12.2009 : 50/09
Hülzweiler und seine "Linie 4" die Straßenbahn
Teil 4 (Schluss)
von Otto Wilhelm
Im Jahre 1958 hatte das Netz der Straßenbahnen im Kreisgebiet eine Strecke von 29 befahrenen Km. Es waren 26 Trieb- und 20 Beiwagen im Dienst. Doch bald machten sich immer mehr Mängel bemerkbar, die eine grundlegende Erneuerung der Strecken und Wagen dringend erforderlich machten. So entschloss man sich zur Einstellung der einzelnen Teilstrecken ab dem Jahre 1953. Als erste Linie wurde die Strecke Lisdorf, Wadgassen und Ensdorf Bous eingestellt.
Als letzte Strecke wurde Saarlouis-Creutzwald stillgelegt. Nach Hülzweiler fuhr die Bahn relativ lange, denn erst am 29. Februar 1960 fuhr die "Elektrisch" zum letztenmal in Hülzweiler ein. Der Triebwagen war mit Fähnchen geschmückt, doch im Gegensatz zu 1927 bei der ersten Fahrt, war keine Menschenmenge zu sehen. Es hatte geschneit und nur einige Kinder spielten auf der Freifläche.
Am Triebwagen hingen zwei Transparente mit folgender Aufschrift "Das beste Pferd, das es je gab" und "Wir fuhren eine Generation, morgen geht es in Pension". So war das Ende "der Linie 4" unspektakulär, fast unbemerkt gekommen. Alle Verbindungen der alten Strecke wurden nun durch Omnibuslinien nach und nach ersetzt.
Ein wichtiger Abschnitt der Dorfgeschichte war vorüber, der viele Jahre Hülzweiler mitgeprägt hatte, und so ist es vielleicht gut, dies der jüngeren Generation zu erhalten.
(Eine persönliche Anmerkung sei mir zum Schluss erlaubt. Der rührige Ortsvorsteher Matthias Rupp, der die Bahn nach Hülzweiler brachte, war mein Taufpate.)
Letzte Fahrt der "Linie 4" am 29. Februar 1960
Bilder von Hans Riem
Veröffentlicht im Gemeindeboten Schwalbach: 11.12.2009 : 50/09
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Kreisverkehr
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Kulturdenkmäler, als schützenswerte Objekte in Hülzweiler
Wenn man durch unser Dorf geht, Wald und Felder durchquert, stößt man zwangsläufig auf Objekte, die uns auf die Vergangenheit hinweisen. Viele gehen achtlos vorüber, andere fragen sich, was ist das für ein Stein ,ein Kreuz, Brunnen oder Quelle? Manches das einst im dörflichen Leben eine Rolle spielte ist heute unbekannt, sogar vergessen. Die alten Wertvorstellungen sind ins Wanken geraten, doch in manchen Orten sind die Zeugnisse früherer Dorfidylle erhalten worden und als Kulturdenkmäler ausgewiesen.
Bei der Erfassung und Beschreibung solcher Objekte soll man bedenken, dass es sich nicht immer um herausragende "Denkmäler" handeln muss. Es lohnt sich aber diese Zeugnisse alter Volkskunst zu erhalten. Es sind oft nur bescheidene Dinge die wir finden, doch im Hinblick auf die kulturhistorische Vergangenheit haben alle die gleiche Bedeutung. Oft ist es nicht möglich die Beweggründe ihrer Stifter zu erkennen, die z. Bsp. zur Errichtung eines Kreuzes oder eines Bildstöckels führten. Man kann sie nur in der christlich geprägten Tradition unserer Region vermuten.
Auch in Hülzweiler gibt es noch eine Reihe schützenswerter Objekte, die man durchaus als Kulturgüter besonderer Art nennen darf. Es ist selbstverständlich, dass die 100-jährige Pfarrkirche und die uralte Laurentiuskapelle an erster Stelle genannt werden müssen, doch es gibt noch eine Reihe von Dingen, die wir als Kulturgüter der Vergangenheit ansehen, schützen und erhalten sollen.
In einer Werksvorlage habe ich alle aufgefundenen Objekte kartographisch erfasst und in Farbfotos aufgenommen und beschrieben, den letzten Stand ermittelt.
Auflistung aller (noch) vorhandenen Kulturdenkmäler in Hülzweiler.
Im Ort:
• Pfarrkirche und Laurentiuskapelle
• Brunnenanlage an der Grieß
• Brunnen im Hof des DRK-Gästehauses
Wegekreuze im Ort:
• Mutdan-Kreuz
• Kreuz an "Puhles Berg"
• Kreuz in der frühere Mühlenstraße (heute Dürerstrasse)
• Kreuz im Hof des DRK-Gästehauses
• Kreuz an der Kreissparkasse
• Kreuz am Haus G. Michel
Hausheilige:
• Fassade Haus Alfons Schneider
• Rainer Stürmer
Mühlstein
• in der Stützmauer 1. Mühle
Kreuze in der Feldflur:
• Das neue Ährenkreuz
• Kreuz am Weg zur Freilichtbühne
• Kreuz am Sandberg
• Kreuz i.d.Nauwies
• Kreuz auf Hoh Mark
• Kreuz am Lauterborn
• Kreuz am Franzenwald
• Kreuz am Haus G. Michel
• Kreuzanlage im Hof des DRK-Gästehauses
• Kriegerdenkmal
Mariengrotten:
• am Saumpfad nach Ensdorf
• am Weg zur Freilichtbühne
Kapellen:
• Laurentiuskapelle mit dem Bild der Drei Marien,
• Schönstadtkapelle im Kapellerwald
Im Wald:
• Vier große Wassereinzugsstollen von 1909 Alte Quelle auf Peterborn Aufgeschüttete Deichelsbrücke
Vier große Schutzhütten, z. T. mit Laufbrunnen und Tretanlage, Freilichtbühne mit Waldsee.
Wasserbassin nahe Schützenberg v. 1912
• Rodenackerbrunnen mit Zulaufbohrung im Rodenacker
• Hostenborn
Dreiundvierzig alte Grenzsteine, die nördlich und östlich um die Gemarkung im Wald stehen.
Herausragende Denkmäler sind natürlich die Pfarrkirche und die Laurentiuskapelle. Ebenfalls haben die noch erhaltenen Wegekreuze im Ort eine besondere Funktion. Sie sind die letzten Zeugnisse des alten Hülzweiler. Leider sind die beiden schönsten Kreuzanlagen innerhalb des Dorfes, das Bascour-Kreuz und das Schwinn-Kreuz nicht mehr vorhanden, jedoch in Fotos erhalten.
Eine herausragende Stellung haben auch die alten Grenzzeichen um den Ort. Sie haben nicht nur die Grenzen des Dorfes markiert, sie waren auch gleichzeitig Zeichen der Landesgrenze (Lothringen) und später bildeten sie die neue Reichsgrenze. Alle tragen besondere Signaturen, die Wolfsangel des Grafen von Saarbrücken, das lothr. Doppelkreuz oder die bourbonische Lilie der Könige von Frankreich.
Die traditionelle Heimatforschung schildert die Denkmäler vornehmlich unter kulturhistorischen Aspekten und sie werden fast nur noch durch die mündliche Überlieferung beschrieben, der sogenannten "Oral Historie". So schreibt man heute nicht mehr von der Geschichte "von unten" sondern von der Geschichte "von Innen". Darum wollen wir das Alte bewahren und versuchen es der späteren Generation zu überliefern.
Veröffentlicht im Gemeindeboten Schwalbach: 20.11.2009 : 47/09