Einleitung und Vorwort
Die ausführliche Beschäftigung mit der Geschichte der Heimat bringt zwangsläufig auch die Erforschung der Vergangenheit des eigenen Dorfes, der eigenen Stadt mit sich.
Das mangelnde Geschichtsbewusstsein, das sich nach dem verlorenen Krieg ( 1945) breit gemacht hat, ist in den letzten Jahren einer neuen Entwicklung gewichen. Fast jedes Dort und fast jede Stadt hat in jüngerer Vergangenheit eine Ortschronik, ein Familienbuch oder zumindest in den Nachrichtenblättern der Gemeinden ein Heimatblatt herausgebracht.
Sehr ofl ist man bemüht, nur die “gute alte Zeit” mit ihren Bereichen der Alltagskultur in einer historisch verklärten- Art. darzustellen. Die traditionelle Heimatkunde, so reglementiert, schildert die Vergangenheit vornehmlich unter kulturhistorischen Aspekten, wird aber auch stark beeinflusst durch die mündliche Überlieferung, der sogenannten “Oralhistorie”. Das Aufspüren von Zeitzeugen ist noch immer eine stark motivierende Kraft der heimatkundlichen Forschung.
Die Geschichte von unten, wie man die heirnatkundliche Forschung oft nannte, hat aber in den letzten Jahrzehnten mit den wachsenden Erkenntnissen der Laienhistorie einen entscheidenden Durchbruch erfahren. Allein der Umstand, dass viele “kleine Leute”zu Wort kommen und sich autobiographisch mitteilen ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. So schreibt man nicht mehr von der "Geschichte von unten” sondern von der “Geschichte von innen”.
Die Nachforschungen über ein Dorf oder eine Straße, eine Flur oder einen Wald stellen natürlich andere Anforderungen hinsichtlich des Quellenmaterials als an die Art der Erforschung regionaler oder überregionaler Geschichte. Sehr oft sind Theaterstücke und Schwanke bildhaft gute Erinnerungen neben der mündlichen Überlieferung, verbunden mit der Lebensgeschichte von Einzelpersonen
Doch besteht hier vor allem die Gefahr in die “Dorftümelei” abzugleiten. Wer kennt nicht die Geschichte vom eifrigen Dorflrrottel, der beispielhaft für eine ganze Generation herhalten muss und in endlosen Varianten auftaucht. Bei der oft notwendigen Beschreibung von Dorfiypen sollte man in dieser Hinsicht vorsichtig sein, obwohl die Beschreibung von Einzelpersonen als Leitfiguren ihrer Zeit durchaus wichtig sein kann
Eine allzu große Politisierung sollte in der heimatkundlichen Publizistik vermieden werden. Zeiten oder Geschehnissen, die nicht in den Rahmen der “heilen Welt" des Dorfes passen, sollten allerdings nicht totgeschwiegen werden, dies bei allem Verständnis fiir die Sensibilität gegenüber noch lebenden Personen oder deren Nachkommen in Hinblick auf ihre vielleicht unrühmliche Vergangenheit.
Wenn sich im Gedächtnis der Menschen auch die fest umrissene Erinnerung an Taten und Ereignisse längst vergangener Tage verwischt hat, so lebt doch im Gewand der Sagen und Märchen sowie in dem überlieferten der Spinnstubenromantik, auch in den Erzählungen der “Alten” ein Schimmer dessen weiter, was einst einmal war.
Es ist nach dem heutigen Stand der Forschung nicht immer leicht, Klarheit zu gewinnen über Realität und Phantasie, denn gedrucktes Material liegt nicht viel vor. Auch eine wissenschaftlich ausgerichtete Chronik kann nicht immer in die Volksseele eindringen, so wie es Märchen, Sagen und die überlieferte Erzählung vermögen
Es ist für Hülzweiler ein Glücksfall, dass schon fiüher Personen sich damit beschäftigt haben, Überliefertes aufzuschreiben und es so der Nachwelt hinterließen. Alte Blätter sind aufgefunden worden. Sie wurden mir überlassen und können nun der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Es waren die Lehrer Claus Schmauch, Bernhard Schmitz und Anton Altmaier, die schon bald nach dem Ersten Weltkrieg damit begannen, über das alltäglichen Leben in Hülzweiler zu berichten und Vergangenes aufzuzeichnen. Die Auffindung dieser Originalblätter ist eine wahre Fundgrube fiir Hülzweiler.
Auch nach dem letzten Krieg haben sich Personen mit der Vergangenheit und der Gegenwart unseres Dorfes beschäftigt und diese festgehalten, sei es in Schriften, in Vorträgen, Gedichten, durch Theaterstücke oder in der Malerei. Auch ihr Wirken soll in dieser Broschüre vorgestellt werden. Bürger aus Hülzweiler sollen in ihrer “eigenen Art” und mit ihren eigenen Worten berichten.
Die Menschen unserer Generation haben viele persönliche Erinnerungen. Sie vermögen Zeitgenössisches zu schildern oder können von Erlebnissen ihrer Vorfahren berichten.
Insgesamt ist das Anliegen dieser Veröffentlichung, neben den chronistischen Arbeiten das Alltagsleben unserer Vorfahren in freier Schilderung an vertiefen, der Phantasie ihren Lauf zu lassen und ein breites Spektrum vergangener, ländlicher Kultur zu vermitteln.
Otto Wilhelm
November 2011