Der Ausscheller

Der “Ausscheller” mit der “Dorfschelle”

In den Zeiten vor dem letzten Krieg, da es kein Radio, kein Fernsehen, kaum ein Telefon gab, und auch nicht in jedem Haus eine Zeitung griffbereit lag, das gab es im Ort eine “Institution" die alle oben genannten Instrumentarien in sich vereinigte, den sogenannten “Ausscheller” des Dorfes.
Der “Ausscheller” hatte die Aufgabe, alle wichtigen Ereignisse des alltäglichen Lebens überall und termingerecht, bald bekannt zu machen, alle Verordnungen der Behörden der Öffentlichkeit kund zu tun, Veranstaltungen und Ähnliches anzukündigen.
Der “Ausscheller” war mit einer großen Handschelle ausgestattet. Er trug meist eine schwarze Schirmütze, die ihm eine gewisse Würde verlieh, und der hatte bei Regenwetter einen schwarzen Umhang, denn die Schelle musste bei jedem Wetter durch das Dorf getragen werden.
Es waren immer ältere Männer, oft Pensionäre, die das “Amt” des “Ausschellers” ausübten. Sie mussten gut lesen können und eine kräftige, weit schallende Stimme haben. Die Bekanntmachungen waren handschriftlich auf einem großen Zettel aufgeführt.
Wenn nun der “Ausscheller” durch die Straßen ging, so machte er sich durch lautes Schellen mit der Messingglocke bemerkbar. Dann kamen alle Leute vor die Haustür und hörten aufmerksam zu. Es ging meist um die Termine des Steuereinnehmers, um die Holzversteigerung, um das Abflämmen der Wiesen, um die freie Weide im Herbst oder um die Sprechstunden des Knappschaftsarztes in der Wirtschaft vom “Strauß Matz” und um ähnliche Dinge.
Der “Ausscheller" war eine geachtete Persönlichkeit, und er übte auch noch das Amt des Feldschützen aus, was ihm oft manchen Ärger einbrachte. Für die Kinder war er eine Respektsperson, und wenn der “Ausscheller” einmal gut gelaunt war. ließ er einen der Buben vor seiner Ansprache die Schelle bedienen.
Vor dem letzten Krieg waren die letzten Ausscheller die pensionierten Bergleute Nikolaus Schmitl, Claudius Kiefer und Johann Strauß. Auch sie waren neben dem Amt als “Ausscheller” noch als Feldschütz tätig.
Nach dm Krieg änderte sich zunächst nicht viel im Bereich der Informationsmöglichkeiten. Die Bekanntmachungen wurden per Anschlag oder wie früher durch die “Dorfschelle” veröflentlicht.
Die letzten “Ausscheller” waren Stefan Jakob (“Miehmhannesen Stefan") und Laurentius Lessel (“Lessels Laure”). Beide waren mit einem guten Schuss Humor und Schlitzohrigkeit Versehen waren im Ort sehr populär. Stefan ‚Takob (“Miehmhannesen Stefan”) versah seinen Dienst als “Ausscheller” und Bote mit dem Falurad, und sein Vehikel mit dem Schellenhalter an der Lenkstange war im ganzen Dorf bekannt.
In den fünfziger Jahren verschwand der “Ausschellef aus der Öffentlichkeit, und ein Stück Althergebrachtes war Vergangenheit.


 

Der Ausscheller